Hupperts Restaurant*, Stuttgart - Leidenschaftliches Understatement


Das Restaurant Hupperts im Stuttgarter Randbezirk Heslach ist in vielerlei Hinsicht ein Solitaire in Stuttgarts Spitzengastroszene. Abseits der Innenstadt reiht sich das Restaurant unscheinbar zwischen mehrstöckigen Wohnhäusern ein. Das Erdgeschoss, in welchem sich das Restaurant befindet, ist ziegelrot und wird von waldgrünen Bistro-Markisen, goldenen Türzargen und anthraziten Schildern mit „HUPPERTS – Reiner Geschmack“ verziert. Das sieht einerseits etwas verwegen aus, zeigt aber auch, dass man hier sein eigenes Konzept verfolgt. Wir haben das Restaurant vor einigen Wochen besucht. Hier ist unser Bericht.

Außenansicht

Das Restaurant Hupperts im Stuttgarter Randbezirk Heslach ist in vielerlei Hinsicht ein Solitaire in Stuttgarts Spitzengastroszene. Abseits der Innenstadt reiht sich das Restaurant unscheinbar zwischen mehrstöckigen Wohnhäusern ein. Das Erdgeschoss, in welchem sich das Restaurant befindet, ist ziegelrot und wird von waldgrünen Bistro-Markisen, goldenen Türzargen und anthraziten Schildern mit „HUPPERTS – Reiner Geschmack“ verziert. Das sieht einerseits etwas verwegen aus, zeigt aber auch, dass man hier sein eigenes Konzept verfolgt.

In und am Restaurant selbst findet man auch keinen Hinweis auf die zahlreichen Auszeichnungen, wie zum Beispiel der MICHELIN-Stern, mit welchem das Restaurant bereits seit 2019 ausgezeichnet ist. „Die Leute können ja fragen, ob wir ein Sternerestaurant sind“ entgegnet Michael Huppert (37), Küchenchef und Inhaber, ganz gelassen. Michael und seine Frau Marianne führen das Restaurant mittlerweile seit über sieben Jahren und haben ein Vorstadt-Wohnzimmer mit saisonaler Spitzenküche geschaffen.

Hupperts, selbst ist ein Wirthauskind, half bereits im Kindesalter im elterlichen Betrieb, dem Löwen in Uhlbach. Er begann seine Lehre im bekannten Ochsen in Stetten, wo auch bereits andere große Köche der Region lernten und begab sich rund 10 Jahre auf Wanderschaft. Er lernte klassische Küche in Stetten, wurde von Bernd Bachofer in die asiatische Aromenwelt eingeführt, kochte u.a. auf Wald & Schlosshotel Friedrichsruhe und ging in die Schweiz.

Gastraum

Im Oktober 2014 eröffnete dann mit seiner Frau Marianne sein eigenes Restaurant in Stuttgart-Heslach. Sicher keine schlechte Standortwahl, etwas abseits des Trubels, in einem autonomen Stadtbezirk mit sicherlich reichlich betuchter Kundschaft.

Der schörkellose Gastraum spiegelt die Schlichtheit und Gelassenheit des Gastrononempaars eindeutig wieder. Dunkle Holzmöbel und halbhohe Holzvertäfelungen versprühen einen gemütlichen Retro-Charme und Blumen setzen herzliche, optische Akzente.

 

Das Menü wird täglich mit saisonaler Betonung neu zusammengestellt und spricht eine weltoffene Sprache mit klar herausgehobenen Hauptprodukten.

Das volle Programm (6 Gänge) schlägt mit € 134,--  - für Stuttgarter Verhältnisse und sicher der Randlage geschuldet - sehr fair zu Buche.

Auf der gut sortierten, ebenfalls fair bepreisten Weinkarte lacht uns direkt der 2015er IDIG GG vom Weingut A. Christmann aus der Pfalz an (€ 96,--) an. Los geht's!

 

steckbrief michael huppert

geb. 1985 in Stuttgart

Ausbildung zum Koch im Restaurant Ochsen in Stetten i.R. 

Wanderjahre (Auszug):

Restaurant Bachofer, Waiblingen

Colombi, Freiburg

Wald & Schlosshotel, Friedrichsruhe



Rote Beete - Pumpernickel - Ziegenkäse

Zum Champagner (Mandois Rosé Grande Reserve / € 14,-- pro Glas) folgt der erste Gruß aus der Küche: Ein Bällchen aus Roter Bete, Pumpernickel, Ziegenkäse, welches mit einem frittierten Blatt Grünkohl getoppt wurde. Lecker allemal, aber nicht gerade spektakulär.

Suppen-Shot

Das ändert sich schlagartig beim nächsten Küchengruß. Ein heißes Champignon-Süppchen auf Geflügelfond-Basis, welches mit Cognac veredelt wurde. Klassisch, intensiv und phänomenal gut.

Hamachi - Blumenkohl - Panna Cotta - Senfsaat

Beim final servierten Küchengruß schlägt Huppert die Brücke nach Asien, indem er zwei akkurat geschnittene Tranchen gebeizte Gelbschwanzmakrele (Hamachi) mit verschiedenen Blumenkohlzubereitungen (Salat und cremiges Panna Cotta) und etwas eingelegter Senfsaat flankiert. Hier lässt er zudem seinen früheren Mentor Bernd Bachofer durchblitzen, welcher für diesen Stil der Fusionsküche, ein paar Kilometer entfernt, bekannt ist. Dennoch lässt Hupperts hier eindeutig seinen Stil sprechen, indem er den Eigengeschmack Hauptprodukte präzise herausarbeitet und nur marginal mit asiatischen Aromaten kombiniert. Das überzeugt – trotz der häufig eher belanglosen Hauptzutat – auf voller Ebene.

Lachsforelle - Radieschen - Apfel - Meerrettich

Mit einer klassischen Aromenkombination eröffnet Huppert das Menü: Ein Tartar von der Lachsforelle trifft auf eine Entourage aus Radieschen, Apfel und Meerrettich. Letzterer als Eis. Doch von Langweile keine Spur. Hupperts schafft es mittels exaktem Fine-Tuning, unterschiedliche Temperaturen,  Proportionierung und geschickter Dosierung von Säure diesen Klassiker wunderbare Eleganz zu verleihen, ohne zu ihn zu verfälschen. Auf diese Weise entsteht eine Idealversion des Gerichts, welches auch noch optisch und texturell mit fein gezupftem, knackigen Frisée-Salat, Kressen und Saiblingskaviar modern aufgehübscht wurde. Sagenhaft.

Pulpo - Fenchel - Paprika - Avocado

Auch Hupperts nächste Kreation ist pure Harmonie am Gaumen. Hierzu kombiniert er einen zarten, kross gerösteten Pulpoarm mit einer intensiven Creme aus Paprika, Kartoffel und Safran und kontrastiert dieses breitschultrige, spanische Duo harmonisch mit frischen Fenchelsalat und einer Avocadocreme, welche zwischen zwei Filotteigblätter platziert wurde. Hinzu kommen süße, konfierte Paprikastücke und ein Tupfen Paprikacreme. Wir sind direkt begeistert von der Simplizität, Geradlinigkeit und der perfekten Balance aus Intensität und Frische. Dabei spürt man mit jeder Gabel die Leidenschaft und das tolle Handwerk, welche Hupperts in das Gericht fließen lässt. Stille am Tisch und Schwelgen in Urlaubserinnerungen sind die Folge. Ein sensationeller Teller.

Iberico - Süßkartoffel - Rettich - Sesam

Laute Musik am Gaumen ist auch der nächste Gang. Allerdings schwingt die kulinarische Kompassnadel dieses Mal zwischen Europa und Asien hin und her. Beinahe verspielt umgibt Huppert eine Tranche rosa gebratenen Iberico-Rücken mit einer Entourage aus asiatisch (mit Kaffir-Limette) abgeschmeckten Süßkartoffel-Püree, gegrilltem, mariniertem Romana-Salatherz, Rettich-Salat mit prägnanter Sesamöl-Note und toppt das Fleisch mit einem Wasabi-Panko-Crumble. Hinzu kommt eine intensive Jus, die subtil asiatische Aromen aufgreift und zudem mit Sojasauce abgeschmeckt wurde.

Was sich etwas wie aromatische Chaostheorie anhört, ist in Wahrheit eine wunderbar vielschichtige Tellerharmonie, welche in Ihrer Intensität zwar am Limit tänzelt, aber durch kleine Ruhepole, wie das Salatherz und den Rettich-Salat wieder Ausgleiche schafft. Cross-over Küche par excellence und absolut hervorragend.

Rinderessenz - Sherry - Thymian

Als kleine Einstimmung auf den Hauptgang wird in einem Sherryglas eine Rinderessenz serviert, welche mit feiner Thymiannote und etwas Sherry arrondiert wurde. Sehr gelungen.

Rind - Sellerie - Brokkoli - Zwiebel

Im Hauptgang geht es dann ziemlich klassisch zu. Hier verschmilzt Michael Huppert Haute Cousine mit Gasthausküche und serviert ein rosagebratenes Rinder Flank-Steak mit einem Potpourri aus Sellerie (Würfel & Püree), wildem Broccoli, gerösteten Cashew-Kernen und Rotwein-Schalotten. Natürlich darf eine kräftige Jus nicht fehlen. Verglichen mit den Gängen zuvor, wirkt diese Kreation aromatisch wesentlich einfacher gestrickt und unaufgeregter. Die Tellerharmonie gepaart mit perfektem Handwerk erfreut die Seele dafür umso mehr. Kein Schnick-Schnack, simpler (purer) Wohlgeschmack und ein Teller, welche die Marke für den nächsten Gasthausbesuch wieder ein Stück höher hängen dürfte. Bitte mehr davon.

Brillat Savarin - Feige - Walnuss

Auch beim darauffolgenden Käsegang belässt es Huppert bei Altbwewärtem. Den französischen Weichkäse Brillat-Savarin flankiert er mit Walnüssen und Feigen-Creme und fügt mit etwas Chicorée dezente Bitternoten hinzu. Unverspielt, unverkopft und herrlich auf dem Punkt.

Orange - Grüner Tee - Schokolade

Der Dreiklang aus Orange, Schokolade und Grüner Tee ist der Auftakt des süßen Teils des Menüs. Uns gefällt insbesondere der wunderbare Kontrast zwischen der feinen Herbheit, Kühle der grünen Tees (als Eis) und zitrischen Säure der Orange mit dem üppig süßen Schokoladen-Küchlein. Eine wunderbare, nicht zu sehr erzwungene Harmonie, welche definitiv Lust auf mehr macht. Hervorragend.

Mango - Weiße Schokolade - Kokosnuss - Ananas

Das Hauptdessert ist dann Wohlfühl-Pâtisserie vom Feinsten. Hier werden exotische Frucht, Süße, Säure, Frische und Schmelz maximal harmonisch miteinander vereint. Vielleicht mag der ein oder andere Advantgardist in der Kombination aus Mango, Ananas, Kokos und weißer Schokolade etwas Friktion und Spannung vermissen. Wir sind ja ein ausgesprochener Befürworter von Seelenfutter. Vor allem die klassischen Krokant-Hippen sind dann nochmal eine schöne Hommage an die Gasthausküche und saulecker.

Petit Fours

Wunderbar leckere Pralinen und eine kleine Crème Brûllée schließen ein absolut stimmiges, abwechslungsreiches und in Gänze hervorragendes Menü vorzüglich ab.

Michael Hupperts spannende Küche gebührt definitiv weit mehr Aufmerksamkeit. Aber er hält sich betont gerne unter dem Radar auf, was offenkundig ebenso gut aufgeht. Das Restaurant war an diesem Abend - wie an fast jedem Tag -  bis auf den Platz ausgebucht und auch der charmante Service ist eine wahre Freude. Wir freuen uns schon auf das nächste Mal.

 

Alkoholische Getränkebegleitung

Weinbegleitung

Team

Michael Huppert (oben links) mit Team


Fazit

Mit lässigem Understatement und präzisem Handwerk enstehen in Michael Hupperts Küche hervorragende kulinarische Statements zwischen Fancy-Crossover und klassischer Heimatküche. Eine absolute Bereicherung Stuttgarts kulinarischer Szene.


weitere informationen:

Adresse: Hupperts Restaurant
  Gebelsberger Straße 97
  70199 Stuttgart
   
Homepage: https://www.hupperts-restaurant.de
   
Öffnungszeiten: Dienstag - Samstag:  ab 18.30 Uhr
   
Chef de Cuisine: Michael Huppert
   
Datum des Besuchs: 23.04.2022
   
Besuchskonditionen: spontan reserviert, 100% selbst bezahlt
   
Kosten: 5 - 6 Gänge € 124,-- / € 134,--
   
Auszeichnungen: 1 Stern (Guide Michelin 2022)
  15 Punkte (Gault Millau 2021) / 2 Hauben (Gault Millau 2022)
  2 Hauben (Der Große Guide 2022)
   
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