DANZA Restaurant & Weinbar, Ludwigsburg - Aromentanz im Freistil

Veröffentlicht am: 13.10.2021


danza [ˈdaṇθa], Substantiv (f) = Tanz  (spanisch - deutsch)

 

Neueröffnungen in der Spitzengastronomie sind immer besonders interessant. Häufig muss hier ein komplett neues Team mit großen Ambitionen performen und sich (zunächst) kritischen, häufig anspruchsvollen Gästen ausliefern. So geschehen im neueröffneten DANZA Restaurant in Ludwigsburg. Hier kochen Raoul Traube und sein Team eine unkonventionelle Küche, welche kaum Klischees bedient und uns einen kurzweiligen Abend bescherte. Hier ist unser Bericht.

Ludwigsburg ist eine wahre Perle für laue Sommerabende und sicher eine der schönsten Städte im Schwabenland. Wir als Stuttgarter wagen jetzt einfach einmal diese Aussage. Nach dem Weggang von Ben Benasr aus der Gutsschenke* und der Konzeptänderung seiner Wirkungsstätte Schloss Monrepos, war in der Stadt wieder eine gastronomische Lücke zu füllen. Umso interessierter vernahmen wir die Neueröffnung des Restaurants DANZA Restaurant und Weinbar Anfang Juni in schönster Lage am Staatstheater unweit des Blühenden Barocks. Küchenchef Raoul Traube hat bereits Sterne-Erfahrung und war u.a. bei Götz Rothacker und zuletzt Sous Chef bei Claudio Urru in der Alten Baiz* in Hamberg. Seine Lehre absolvierte er im bekannten Adler im benachbarten Asperg. Sein Co-Pilot und Sous Chef am Herd ist Markus Schülke, welcher ebenfalls eine Vita mit bekannten Namen vorweisen kann. Also beste Voraussetzungen für anspruchsvolle Küche.

Das Restaurant wirkt auf den ersten Blick sehr groß und versprüht einen angenehm unprätentiösen, kosmopolitischen Charme. Es ist direkt mit dem Staatstheater verbunden. Hier können Theaterzuschauer in den Pausen Cocktails schlürfen und einen kleinen Snack von der Theaterkarte genießen. Auch sonst versucht das Restaurant eine Vielzahl von Gästen abzuholen und bietet neben einem 5-Gang-Gourmet Menü auch Wiener Schnitzel und klassisches Surf’n Turf. Natürlich sehr reduziert, auf offenkundig gehobenem Niveau und zeitgemäß. Diese allgemeine Ungezwungenheit lässt sich auch wunderbar auf der einladenden und ebenfalls sehr großzügigen Terrasse beobachten. Hier sitzen Gäste mit kurzer Hose und Flip Flops bei einem kühlen Bier und Wiener Schnitzel neben herausgeputzten Paaren mit einer Flasche Chablis im Weinkühler. Das alles stört uns - als Freunde ungezwungener Atmosphäre - keineswegs. Trotzdem darf es natürlich auch das 5-Gänge Gourmetmenü und die Autofahrer-Weinbegleitung (zusammen € 139,-- p.P.) sein.

Amuse Bouche: Beete - Ziegenkäse - Oxalis

Die Küche grüßt mit einer Variation von Bete mit Ziegenkäse und Oxalis. Raoul Traube und seinem Team setzen hier bereits ein kleines Ausrufezeichen, da sie wunderschön die Produkte sprechen lassen. Der Süße und Erdigkeit der roten und gelben Bete (gegart, eingelegt und als Chip) wird mit frisch säuerlichem Sauerklee etwas Einhalt geboten und der harmonische Einsatz von Ziegenfrischkäse in dieser Kreation ist natürlich fast schon vorbestimmt. Lediglich das Sorbet von roter Beete ist uns etwas zu wässerig und hätte wesentlich intensiver daherkommen dürfen. Ein schöner Auftakt allemal.

Barbarie Entenbrust - Karotte - Zitrusaromen

Der erste Gang wartet schon direkt mit einer Tranche Barberie-Entenbrust auf, welche laut Annonce mit Karotte und Zitrusnoten kombiniert wurde.

Um es vorweg zu nehmen: Wir sind am Anfang etwas verloren und irritiert, schließen aber immer mehr Freundschaft mit dem Gericht. Das liegt daran, dass man nur mittels exakter Dossierung einen tollen, ausgewogenen Geschmack auf die Gabel bekommt. Bindeglied ist nämlich nicht etwa der Karottensud oder -crème sondern vielmehr die knusprige, mit Citrusnoten und britzelnder Säure versetzte Haut der Ente als Topping. Ohne diese Komponente fehlt der extrem süßlichen, erdigen Noten schlichtweg die notwendige Säure und etwas Crunch. Etwas Curry in der Karottencreme belebt das Geschmacksbild zusätzlich. Am Ende ist das Gericht eine gelungene Mischung aus selbstbewusster Eigensinnigkeit und gelungener Kreativität. Kein unbedingt perfekter Teller, aber in seiner Unkonventionalität unschlagbar und sehr lecker.

Kokos-Chili-Suppe - Kammmuschel - Zuckerschote

Gegen einen Suppengang haben wir auch an diesem lauen Abend nichts einzuwenden. Es gibt sie schlichtweg einfach zu selten in Gourmetrestaurants. In diesem Fall wird eine sehr gut gebratene Jakobsmuschel auf einem Podest aus Zuckerschote von einer milden Kokos-Chili-Suppe mit dezenter Currynote umspült. Hier ist aromatische Linie naturgemäß klar und auch sehr gut mit exzellenter Dossierung von Säure umgesetzt, wobei wir uns hier auch ruhig noch mehr Tiefe und Aromenintensität vorstellen hätten können. Die knackigen Zuckerschotenstreifen erzeugen einen schönen texturellen und süßlichen, vegetabilen Kontrast. Sehr lecker.

Doradenfilet - grüner Spargel - Krustentier-Nage - Polenta

Vom südöstlichen Teil der Welt geht es ans zurück ans Mittelmehr. Hierzu drapiert die Küche eine Tranche Dorade auf grünem Spargel und Polenta-Taler. Hinzu kommt eine hervorragende Krustentier-Nage. Diese Kombination mag zwar auch etwas profan klingen, überzeugt aber geschmacklich und handwerklich auf ganzer Linie. Die herrlich intensive und salzige Nage will wohl dosiert sein, um den Fisch nicht vollständig zu camouflieren, was auch kein Problem ist. Dennoch besitzt der Teller trotz dieses Aromenturbos immer noch eine klare Linie und ist absolut überzeugend. Gerne weiter so.

IBP Beef - Aubergine - Mais - Weiße Dashi

Saftig und offensichtlich sous-vide gegart werden im Hauptgang zwei großzügige Scheiben vom US-Beef Rinderfilet präsentiert. Hinzu kommt eine Straße aus Auberginen- und Maistexturen, welche zwar einen klugen aromatischen Kontrast setzt, aber in Gänze überproportioniert und aromatisch eher beliebig ist. Der angegossene "weiße Dashi", welcher optisch eher als Rahmsoße daher kommt, ist dann der endgültige  Albtraum für jeden Traditionalisten, welcher sicher eher eine klassische Jus oder BBQ-Aromen erwartet hätte. Auch finden wir die Bezeichnung "Dashi" eher irreführend, da er eher (mit großzügigem Einsatz von Kaffirlimettem-Blättern und Kokosmilch) thailändisch schmeckt und sich so gar nicht aromatisch nach Japan verorten lässt. Doch wir lieben diese kapriziöse Art von Raoul Traube und Team durchaus, denn sowohl das Fleisch, als auch der "Dashi" sind handwerklich und geschmacklich wirklich top. Wir feiern diesen non-Traditionalismus, denn dieser ist genau nach unserem Geschmack.

Variation von Erdbeere & Shiso

Dass Erdbeere und Shiso beste Freunde und bewährte Pairing-Zutaten sind, zeigt die Küche im pre-Dessert. Ein grünes Shiso Sorbet, ein Erdbeer-Ragout und eine japanische Waffel mit Erdbeer-Gel und Shiso-Creme werden und ausnahmslos hübsch präsentiert. Das zwischen Minze und Anis-Noten changierende Geschmacksbild der Shiso verträgt sich sehr gut mit der fruchtigen Erdbeere. Aromatisch unaufgeregt und lecker.

Blaubeere - Sellerie

Das Beste kommt zum Schluss. Das Hauptdessert wird schlicht mit den Hauptzutaten "Blaubeere & Sellerie" betitelt. Gemüse im Dessert (außer Karotten) erzeugt bei uns immer eine leichte Grundskepsis und häufig ist diese auch nicht unbegründet. Doch hier beweist die Küche, wie harmonisch und spannend die Kombination aus dem Wurzelgemüse und der Beere ist. Blaubeere und Sellerie bewegen sich auf Augenhöhe und werden geschickt mit eingelegtem Ingwer untermalt, was dem Dessert zusätzlich eine gewisse Frische gibt. Etwas buttriger Crumble für die Textur und da ist es: Der hervorragende Abschluss eines durchweg überzeugenden Menüs.

 

Wir lehnen uns zufrieden zurück und genießen die laue Sommernacht. Wenn man bedenkt., dass das Restaurant erst 6 Wochen vor unserem Besuch neueröffnet wurde, war die Küchen- und Teamleistung beeindruckend. Gewisse Unschärfen bei der Proportionierung und Aromatik kamen zwar vor, ließen sich aber häufig auch mit subjektiven Präferenzen erklären. Das Handwerk überzeugte gänzlich und spannend waren die Kreationen allesamt.

Ein großes Lob geht an das Serviceteam um Cindy Volkmer und Marvin Ackermann, welche mit viel Charme, Professionalität und Humor eine herzliche Atmosphäre erzeugten. Das DANZA ist definitiv ein stylischer kulinarischer Zuwachs für die Region. Wir kommen wieder, das steht außer Frage.

 

Alkoholische Getränkebegleitung

Auffallend fair kalkuliert und kurzweilig. Auch die Weinauswahl von Natalie Opris machte definitv gute Laune und präsentierte Weine aus vielen bekannten Weinregionen, ohne sich - wie die Küche - festlegen zu wollen.

Alkolische Getränkebegleitung

Team

Raoul Traube (2. von rechts) und Cindy Volkmer (1.von links) mit Team 


FAZIT:

Es lebe der kulinarische Freistil!

Im DANZA zelebrieren Raoul Traube und sein Team mit tollem Handwerk und einer Prise selbstbewusster Unkonventionalität weltoffene, wilde Aromenfeuerwerke. Dieses Restaurant muss man definitiv auf dem Schirm haben.


weitere informationen:

Adresse: DANZA Restaurant & Weinbar
  im Forum am Schlosspark
  Stuttgarter Straße 33
  71638 Ludwigsburg
   
Homepage: https://www.danza-restaurant.de
   
Reservierungszeiten: Dienstag - Samstag: 17:00 - 21:00 h
   
Chef de Cuisine: Raoul Traube
   
Datum des Besuchs: 23.07.2021
   
Besuchskonditionen: spontan reserviert, 100% selbst bezahlt
   
Kosten: Gourmetmenü 5 Gänge: € 109,--
  Weinbegleitung: + € 40,-- / Autofahrerbegleitung: € 30,--
   
Auszeichnungen: folgen
   
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