Ursprung*, Zang - Die Alb ruft

Veröffentlicht am 17.08.2021


Wer den "Alb-Style" erleben und genießen möchte, fährt am besten in die Königsbronner Teilgemeinde Zang mit rund 1.300 Einwohnern auf die Schwäbische Alb. Hier hat Familie Widmann eine prominente und vielfältige Entspannungsoase geschaffen. Natürlich kommt die Kulinarik hier auch nicht zu kurz und Andi Widmanns' kulinarisches, besterntes Flaggschiff, das Restaurant Ursprung, ist bereits ein überregionaler Begriff unter Feinschmeckern und Ess-Begeisterten. Endlich haben wir es im Juli auch einmal nach Zang geschafft. Hier teilen wir unsere Erfahrungen.

Andreas (Andi) Widmann ist überzeugter "Alb-Styler". Das hört man nicht nur am sympathischen Dialekt, sondern spürt die Verbundenheit mit der Region auch direkt über das gewissen Glänzen in seinen Augen, wenn es um sein unternehmerisches Tun geht. Der 33-Jährige führt mittlerweile mit seiner Frau Anna in 8. Generation das Traditions-Familienunternehmen Widmann’s Löwen GmbH & Co.KG, zu welchem eine Vielzahl an Gastronomie- und Übernachtungsangebote gehören - vom Luxus-Chalets, über Kochschule bis zum Biergarten. Familie, Tradition und Region werden hier noch richtig gelebt.

Widmanns' Wanderjahre führten ihn nach Fellbach zu Sternekoch Michael Oettinger oder zu Steffen Mezger ins bekannte Münchner Restaurant Atelier, wo er auch seine Tiroler Ehefrau Anna kennenlernte. Als Kind der Region und der Familientradition folgend, übernahm er das Unternehmen von seinem Vater 2016.

Andreas begann sogleich voller Ambitionen mit der Weiterentwicklung des Familienunternehmens. Die Erweiterung des Gastronomieangebots für Anhänger kreativer Kochkunst und Spitzenküche erfolgte im Jahr 2017 mit seinem Restaurant Ursprung, welchem er einen besonderen Abschnitt des gutbürgerlichen Gasthof Löwen widmete, abtrennte und komplett neu einrichtete: die erste Gaststube der Familie Widmann und einstige Dorfmetzgerei.

Am Außeneingang des Restaurants prangen auf einer Tafel die geschwungenen Initialen A & A Widmann, womit auch gesagt ist, um welche Ursprünge es sich handelt, nämlich die Alb & Tirol. Ein Herzensprojekt, welches ebenso ein schöner Impuls für die Tradition die Region ist und zudem die absolut authentische Handschrift der Widmanns' ermöglicht.

Seit März 2021 leuchten zudem zwei grüne Michelin-Sterne über dem Gasthof Widmanns' Löwen und natürlich über dem Ursprung. Eine schöne Bestätigung der Regionalität und Nachhaltigkeit, welcher sich Familie Widmann schon seit vielen Jahren verpflichtet hat.


Fotocredit: WIDMANN´S LÖWEN GMBH & CO. KG

STECKBRIEF ANDREAS (ANDI) WIDMANN

geb. am 11.09.1987 in Heidenheim

Wanderjahre (Auszug):

2007 - 2010: Oettingers Restaurant*, Fellbach

2011 - 2013: Atelier im Bayerischen Hof*, München

Auszeichnung:

2010: Deutscher Jugendmeister der Köche 2010



Der Innenraum des Restaurants wirkt auf uns sofort wunderbar heimelig und gemütlich. Warme Holztöne, gemütliche Polster, das geschmackvolle Beleuchtungskonzept und die daraus entstehende Wohnzimmeratmosphäre sind für uns ein willkommener, rustikaler Kontrast zu urbanen Trends und Industrial Looks. Die Hochwertigkeit der Ausstattung verrät uns als erstmaligen Gästen auch, dass wir hier nicht mit bodenständiger Küche rechnen können.

Natürlich sind wir heiß auf das volle Programm (6 Gänge / € 135,--) und während der Aperitif (R.H. Coutier Champagner, Brut Tradition Grand Cru / € 14,-- / 0,1l) in unseren Gläsern feine Perlen versprüht, werden bereits die ersten Snacks gereicht.

Vesper 

Zum Aperitif serviert die Küche eine schöne Auswahl an gepickeltem Gemüse, Pastinaken-Chips mit Dip und hausgemachten Schinken und Pastrami. Wir finden die Idee eines kleinen Vespers zu Beginn sehr gelungen, zumal man hier schon ein schönes Display aus regionalen Produkten und Geschmäckern präsentiert bekommt. Zudem erhält der Gast zu Beginn eine Einweisung in die Nachhaltigkeits-Philosophie des Restaurants, für welches die Ganztierverarbeitung und die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern an erster Stelle steht. Dies wird anhand der Tellerformen (Kuhköpfe / Ähren) zum Ausdruck gebracht. Bitte mehr davon.

Apéro Trilogie

Weiter geht es mit einer Trilogie an akkurat präparierten Apéros, welche zwischen kräutrig-frisch (Gartenkräuter-Sphäre mit Malz und Kombucha) über fruchtig-frisch (Himbeere-Maibocktartar) und sehr herzhaft (warme Rinderpaté-Praliné) changieren. Ein schönes Spektrum an Aromenwelten und Temperaturen, und absolut gelungen. Sehr lecker.

Strammer Max-Interpretation

Das erste, wirkliche Ausrufezeichen setzt die Küche mit einer eigenen Interpretation des Wirtshausklassikers Strammer Max. Widmanns‘ Version entledigt sich herrlich souverän den fettig, öligen Klischees und präsentiert eine leichte Variante mit Saibling, Cremigem Ei (Eiweiß-Schaum) und einem hocheleganten, säurebetonten Gurken-Sud im Grund. Das ist nicht weniger als sensationell und alleine dafür hat sich die Reise nach Königsbronn bereits gelohnt. Große Klasse!

Huchen - Apfel - Fenchel - Buttermilch

Wir starten das Menü offiziell mit Huchen aus dem benachbarten Bayern. Der milde und feine Süßwasserfisch aus regionaler Zucht wird als gebeizte Tranche und Sülze zubereitet und bekommt eine Entourage aus Fenchel, Apfel und Buttermilch. Das sorgt für einen eleganten und säurebetonten Kontrast, ist uns aber etwas zu leise geraten. Nicht das die Küche  - der Dramaturgie geschuldet - jetzt schon Umami-Bomben um sich werfen sollte, aber etwas mehr Aromentiefe oder eine weitere Akzentuierung wäre an dieser Stelle durchaus willkommen gewesen. Am Ende ist es Geschmackssache und Klagen auf hohem Niveau.

Pilzragout - Gebeiztes Eigelb - Braune Butter Hollandaise

Als wäre unser Wunsch direkt erhört worden, folgt schon jetzt der ersehnte aromatische Krawallbruder. Auf ein Bett aus warmen, gebratenen, bissfesten Steinpilzen und Zitronenseitlinge und einem gebeizten Eigelb, wird eine üppig, himmlische Hollandaise auf Basis brauner Butter nappiert. Das kann ja nur toll schmecken und das tut es. Fett, Umami, Salz und Wärme sind die besten Bausteine dieser Soulfood-Kreation. Willkommen und saulecker!

Schweinebauch mit Linsen & Spätzle

Linsen und Spätzle ist eines der Spezialitäten in der Region und für uns als Schwaben natürlich ein absoluter Gasthaus-Klassiker. Auch hier – wie zuvor beim strammem Max – wagt die Küche eine mondäne Neuinterpretation und serviert das Gericht als eine Art Cannelloni mit Schweinebauch-Hülle. Das besitzt zwar nicht so viel Überwältigungspotenzial wie der stramme Max, ist aber dennoch wunderbar und fantasievoll umgesetzt. Gepoppter Schweinebauch on top sorgt für etwas Crunch und ein essigsaurer Sud am Boden bringt die Säure und den authentischen Geschmack. Das Potenzial des Gerichts wird jedenfalls voll ausgeschöpft und uns - als regional vorbelastete Kritiker - sind die Hände gebunden, hier Verbesserungen vorzuschlagen. Spitze!

Wels - Kohlrabi - Rhabarber - Haselnuss

Beim darauffolgenden Gang vollzieht die Küche eine kleine Kehrtwende und vereinigt Waller (Wels) mit Kohlrabi, Rhabarber und Haselnuss. Das funktioniert hervorragend, da der Fisch (von sensationeller Qualität) mit seinem eher untypisch fleischigem Geschmack wunderbar und elegant von den Nebendarstellern untermalt wird. Hierzu wird ein frischer säuerlicher, Kohlrabi-Rhabarber-Salat auf den Fisch gelegt und mit einem Kohlrabi-Schaum und Haselnüssen schön mit der notwendigen Üppigkeit ausgestattet. Aromatisch sehr klar, elegant balanciert und ein perfektes Handwerk machen den Teller zu einem absoluten Gaumenschmaus. Brillant.

Gefüllte Paprika - Gerste

Die Klassiker reißen nicht ab. Nun serviert die Küche eine vegetarische Version unseres Kindheits-Evergreens: Gefüllte Paprika. Hierzu füllt die Küche eine rote Spitzpaprika mit einem Gerstengraupen-Ragout. Hinzu kommt eine intensive vegetarische "Bratensauce" auf Paprika-Basis und eine Spitzpaprika-Vinaigrette. Die Ähnlichkeit in Geschmack und Texturen zu unseren Kindheitserinnerungen ist frappierend. Am Ende ist es eben eine gefüllte Paprika, jedoch mit der Gerste vielleicht eine Spur zeitgemäßer und eine geschickte Demonstration zu was Kochkunst in der Lage sein kann.

Färse - Aubergine - Zucchini - Tomate - Goji

Beim Hauptgang setzt die Küche auf Färse in unterschiedlichen Zubereitungen (geschmort und rosa gebraten) und umgibt diese in ein wunderbares Spannungsfeld aus verschiedenen Aromen. Neben Auberginen- und Zucchini-Zubereitungen, halten wir die leichte Tomatenvinaigrette für einen wahren Genie-Streich.

Die mittels Fermentation aus Goji-Beeren und Tomaten gewonnene fruchtig-saure Essenz, welche der Vinaigrette als Basis dient,  kontert den starken Aromen aus klassischer Jus und aromenintensiven Rindfleisch extrem elegant und erzeugt eine wundervoll spannungsbeladene Tellerharmonie. Keine Spur von Plakativität und absolut sensationell.

Erdbeere - Salzgerste -  Buchweizen - Honig - Verjus

Die Patisserie übernimmt und liefert als Hauptdessert eine Kombination aus Erdbeere, Salzgerste, Honig und Verjus ab. Genau genommen bildet ein Podest aus säuerlicher Verjus-Crème die Basis für ein Crumble aus Buchweizen und Honigkaramell und ein Salzgerste-Honig-Eis. Hinzu kommen marinierte Erdbeeren und eine, am Tisch angegossene, Erdbeer-Vinaigrette. Das hört sich aromatisch zwar eher harmlos an, ist aber so dermaßen auf dem Punkt, dass es ein wahres Fest ist. Cremig, fruchtig, crunchig - fantastisch!

Petits Fours

Die liebevoll arrangierten Petits Fours sind ebenfalls hervorragend gelungen und beenden ein Menü, welches in seiner Konzeption und Authentizität durchaus noch nachhaltig beeindruckte.

 

Das reizende Serviceteam um Anna Widmann versprühte gut gelaunt herzlichen Charme und war zu jeder Zeit professionell. Hier besteht dringender Wiederholungsbedarf - soviel steht fest.

 

Alkoholische Getränkebegleitung

Anna Widmann changierte in Ihrer treffsicheren Auswahl wunderbar zwischen Württemberg und Tirol und bereitete uns viel Freude im Glas.

alkoholische Getränkebegleitung

Das Team

Anna & Andi Widmann (1. &. 2. von rechts) mit Team


Fazit

Anna & Andi Widmann und Team leben den "Alb-Style" und drücken dies in faszinierenden, heimatverbundenen Gerichten aus. Die zeitgemäßen und fantasievollen Blaupausen von traditionellen, regionalen Leibspeisen und der herzliche Service machen das Restaurant zu einem wahren Juwel der Region.


weitere informationen:

Adresse: Widmann's Albleben
  ursprung - das Restaurant
  Struthstraße 17
  D-85591 Königsbronn
   
Homepage: https://www.widmanns-albleben.de/
   
Öffnungszeiten: Donnerstag - Sonntag 18:00 - 21:00 Uhr
   
Chef de Cuisine / Patron: Andreas Widmann
   
Datum unseres Besuchs: 01.07.2021
   
Besuchskonditionen: Unser Besuch wurde vom Restaurant unterstützt
 
Kosten: 6 Gänge (abends): € 139,-- / Getränkebegleitung (5 Gläser): € 68,--
   
Auszeichnungen: 1 Stern (Guide Michelin 2021)
  3 Hauben + (Der Große Guide 2021)
   
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